Elizabeth Strout. Viking, 2022. Nur Englisch.
Foto: Marco DestefanisIn der letzten Märzwoche 2020 geht New York in den Lockdown. Kurz davor hat Lucy sich noch die Haare machen lassen, die Pandemie nimmt sie nicht so ernst. Ihr Ex-Mann dagegen, ein Naturwissenschaftler, schon. Er spediert darum sich und Lucy, seine – vor einem Jahr in zweiter Ehe verwitwete – Ex-Frau, nach Maine, in ein abgelegenes Häuschen an der Küste, ungefähr dorthin, wo ihre Schöpferin Elizabeth Strout heute lebt. Wie sich die beiden da einander wieder annähern, wie sie die eigene Endlichkeit reflektieren, wie sie aus der Ferne, aber in Herzensnähe die Schicksale ihrer zwei erwachsenen Töchter und des ganzen pandemisch-trumpischen Landes verfolgen: Das schildert die 67-jährige Pulitzerpreis-Trägerin in «Lucy by the Sea» auf leise, nuancierte, detailkluge Weise. Sie spiegelt damit das Erleben vieler – privilegierter – Menschen wider, die sich selbst und ihren Alltagstrott im globalen Corona-Hiatus auf einmal genau unter die Lupe nahmen, samt allen scheinbaren Selbstverständlichkeiten. «We are all in lockdown, all the time. We just don’t know it», stellt Lucy fest; die alternde Alter-Ego-Schriftstellerin hat während der Pandemie eine Schreibblockade und findet nur langsam den Weg hinaus. Strout wiederum, eine Klassismusexpertin mit psychologischem Fingerspitzen- und stilistischem Understatementgefühl, hat ein grossartiges, inniges Pandemiebuch geschaffen. (ked)
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